Schwitz Rituale rund um die Welt Teil 1

Auszug aus meinem Buch “Im Bauch unserer Mutter Erde”

Da ich sehr oft mit dem Vorwurf konfrontiert wurde, mit der Schwitzhütte Kulturraub an den indigenen Völkern Nordamerikas zu betreiben, begann ich mich über Schwitzrituale verschiedenster Kulturen zu informieren.
Dabei konnte ich feststellen, dass es davon unzählige gab und gibt. Beinahe jedes dieser Schwitzrituale umfasst mehrere Ebenen: der Wunsch sich zu säubern, als Mittel bei verschiedensten körperlichen Beschwerden, für die Schönheitspflege und auch als spirituelles Ritual der Vorbereitung für Zeremonien, für geistige Reinigung, für Übergänge jeder Art (z.B. als Ritual zur „Mannwerdung“ für Buben), und noch vieles mehr.

Einleitung
Ich habe immer wieder in Erzählungen von Schwitzkuren, Schwitzhäusern, Schwitzbädern und anderem gehört. Ich fragte bei Menschen aus anderen Kulturen nach, und bei Menschen, die lange Zeit in fremden Ländern verbracht hatten und ich suchte auch im Internet nach Informationen zu diesem Thema.

Die Ursprünge der europäischen Bade- und Schwitzkultur liegen in der Antike, als öffentliche Badehäuser auch eine wichtige soziale Funktion hatten. Die ersten größeren Badeanlagen fanden sich unter anderem in den Städten der Indus-Kultur (um 2500–1900 v. Chr.). Weitere Funde gibt es in den erforschten Stätten der frühen Kulturen in Ägypten (ca. 2700–2200 v. Chr.), aus Mesopotamien (um 2000 v. Chr.), aus Knossos in der Minoischen Kultur (um 2000 v. Chr.) und aus der Mykenischen Kultur (um 1600 v. Chr.).

Es wird vermutet, dass an all diesen Orten die Schwitz und Badestätten einerseits als sozial-gesellschaftliche, gesundheitsfördernde, Treffpunkte und andererseits zur Heilung und für rituelle Waschungen, Reinigungen, Zeremonien genutzt wurden. Ich erkenne darin eine lange und sich stetig wandelnde Form der ganzheitlichen Reinigung, Reinigung für Körper, Geist und Seele, eine individuelle Bade- und Schwitzkultur, die es schon immer auf der ganzen Welt gegeben hat. Ich versuche hier eine möglichst genaue Zusammenfassung davon wiederzugeben.

Das Steinschwitzbad
Es gibt Funde von Steinschwitzbädern aus der Urzeit der Menschen. Manche in Gruben in der Erde, andere in Häusern oder Hütten, die mit Fellen gedeckt waren. Die Geschichte dieses Kulturgutes geht bis in die frühesten Anfänge der heutigen Menschheit zurück. In Ostasien befinden sich die frühesten Funde von Schwitzbädern, Thermalbädern und deren rituellem Gebrauch. Von dort kam dieser Brauch mit den Menschen, so wird erzählt, über die Beringstraße nach Nord- , Mittel- und Südamerika. Die Völker, die von Ostasien aus nach Westen bis Innerasien und zum Ural wanderten, verbreiteten ihn in dieser Region.Von Kleinasien aus hat er seinen Weg in den ganzen Mittelmeerraum genommen. Aus der Zeit der Merowinger (5.-8. Jahrhundert) gibt es Holzstiche und Schnitzereien, die eine beinahe für heute typische Sauna zeigen.

Die Badestuben
Im Mittelalter gab es sogenannte Badestuben. Das konnten Steinschwitzstuben oder einfach beheizte Stuben sein, in denen in einem Holzbottich gebadet wurde.Es gab in den Städten die Badestuben, in denen Reisende sich baden und eben auch schwitzen konnten, und es gab auf dem Land die Bauernbäder. Beide erfreuten sich großer Beliebtheit. Innerhalb von 100 Jahren, zwischen 1700 und 1800, verschwand diese Art der Körperpflege, Heilung, Gemeinschaft und rituellen Handlungen fast gänzlich aus dem mitteleuropäischen Raum.
Womit das Verschwinden der Badestuben und Schwitzbäder erklärt werden kann, soll jeder von euch Lesern selbst herausfinden. Ich denke mir, das ist der Lauf der Zeit, sie ist immer im Fluss und alles ändert sich stetig. Manches jedoch kommt immer wieder zurück. Etwas länger als die Badestuben in der Stadt, hielten sich die Bauernbäder auf dem Land. Später entstanden in vielen Gegenden noble Thermalbäder, die der oberen Schicht der Bevölkerung vorbehalten waren. Die gingen auf Sommerfrische an Heilquellen und in Thermalbäder. Eines dieser Bäder für sogenannte „Sommerfrischler“ liegt hier ganz in meiner Nähe. Um 1900 hat an der Heilquelle zum Rothbrunne der österreichische Adel geurlaubt. Schwefel- und Mineralheilwasser und als Besonderheit noch eine Augenquelle, die speziell für Augenleiden Heilung verspricht, wurde den edlen Gästen dort geboten. Auch auf dem Land entwickelt sich diese Bäderkultur wieder neu. Manch ein Bauer findet auf seinem eigenen Grund und Boden eine Thermal- oder Schwefelquelle und lässt dort gegen ein bisschen Geld die Mägde, Knechte und Bauersleute aus der Gegend baden. Diese nehmen das gerne an, denn auch damals wussten die Menschen schon, sich eine Auszeit zu geben und dem eigenen Körper etwas Gutes zu tun, das lohnt sich immer. In der Gegend um Tirol und Kärnten entwickelte sich auf dem Land eine neue Form des Schwitzbades. Dabei handelte es sich um eine „Trockensauna“. Sehr langsam wird dabei der Körper überwärmt und gleichzeitig steigen Kräuterdämpfe auf. Das geschieht durch tropfenweises Aufgießen der Kräuter über heißen Steinen. Dabei liegen die Kräuter auf einem Rost und durch den aufsteigenden Dampf lösen sich für den Menschen entspannende und heilende Kräuterdämpfe. Vor allem bei Erkrankungen der Atemwege war diese Form des Bauernbades sehr beliebt.

Europäische Erdschwitzhäuser
Unsere europäischen Vorfahren, die Kelten, Germanen, Alamannen und viele andere frühe Völker, haben uns kaum bzw. keine schriftlichen Aufzeichnungen hinterlassen. Einiges wurde uns durch die Eroberer späterer Zeiten überliefert. Anderes konnte durch die moderne Archäologie ergänzt werden. Hier in Vorarlberg, wo ich mit meiner Familie lebe, siedelten bis ca. 800 n. Chr. die Alamannen. Seit über 10 Jahren kenne ich die „alamannische Brauchtumsgemeinschaft“. Geleitet wird diese Gruppe von Walruna Loacker und Brandolf Höss mit seiner Frau Heria.

Diese drei Menschen haben es sich zur Aufgabe gemacht, das alte Wissen, die kulturellen und sozialen Eigenheiten dieses Volkes und ihre Lebensweise zu rekonstruieren. Bei ihren Nachforschungen stießen sie auf eine Schwitzzeremonie, die in Erdhäusern abgehalten wurde. Funde solcher Erdschwitzhäuser gibt es heute noch in Irland. Ihr Alter wird auf 1500 bis 2000 Jahre geschätzt. Es handelt sich dabei um künstlich geschaffene „Erdhöhlen“ in der Landschaft, welche an ihrer Kuppel eine Öffnung mit einem Verschlussstein hatten. Eine zweite, sehr kleine Öffnung, befand sich ebenerdig, ebenfalls mit einem flachen runden Stein, der vor die Öffnung gerollt werden konnte. Diese Erdhütte war ca. einen halben bis einen Meter kreisrund in die Erde gegraben. In diese Erdgrube wurde ein großer, sehr dicht geflochtener „Weidenkorb“ gesetzt. Dieser Weidenkorb wurde nun von außen mit Steinen gedeckt und mit Erde zugeschüttet. An der Kuppel blieb ein kreisrundes Loch offen. Bis das innere Weidengerüst verrottet war, hatte sich der Pflanzenwuchs verwurzelt und gab damit der Erdhöhle Stabilität. Auf dem Boden in der Mitte der Erdschwitzhütte war eine Feuerstelle. Hier wurde über mehrere Stunden ein Feuer entzündet, welches die Hütte erwärmte. Wenn nur noch Asche übrig war, wurde oben der Verschlussstein geöffnet damit der Rauch abziehen konnte. Anschließend setzten sich die Menschen in die erhitzte Erdhöhle. Vielleicht waren auch heiße Steine in der Hütte, das konnte nicht genau ermittelt werden. Auch nicht, ob in diesen Erdschwitzhäusern Wasser verwendet wurde. Ein Hinweis auf spirituelle, religiöse Handlung in diesen Erdschwitzhäusern sind Kult- und Begräbnisstätten in der Nähe dieser Erdhäuser.

Schwitzrituale der Skythen
Die Skythen sind ein Volk, das keinerlei schriftliche Aufzeichnungen hinterlassen hat. Alles was heute über sie bekannt ist, wurde von Menschen anderer Völker erzählt oder aufgeschrieben. Einige der frühesten Reiternomadenvölker (älteste Funde beziehen sich auf ca. 1000 v. Chr.) werden als Skythen bezeichnet. Später wurden von den Griechen alle Völker östlich des Rheins, insbesondere nördlich des Schwarzen Meeres, als solche bezeichnet (ab ca. 300 n. Chr.). Herodot war ein antiker griechischer Historiograph, Geograph und Völkerkundler. Er wurde von Cicero als „Vater der Geschichtsschreibung“ und als „Erzähler zahlloser Geschichten“ bezeichnet. Er lebte von ca. 490/480 v. Chr. bis 424 v. Chr. Aus einem seiner neun Bücher die er geschrieben hat, stammt folgendes Zitat über die Skythen:
„Es wächst nämlich in ihrem Lande Hanf, welcher dem Linnen ganz ähnlich ist, mit Ausnahme der Dicke und Größe, worin dasselbe der Hanf bei weitem übertrifft; es wächst derselbe teils von selbst, teils wird er gesät, und verfertigen sich daraus die Thrakier sogar Kleider, welche den linnenen ganz ähnlich sind […]
Von diesem Hanf nehmen nun die Skythen den Samen und schlüpfen dann unter die Decken; hernach werfen sie den Samen auf die durch Feuer glühenden Steine. Der hingeworfene Samen fängt an zu rauchen und verbreitet einen solchen Dampf, dass kein hellenisches Schwitzbad darüber gehen dürfte. Die Skythen aber brüllen vor Freude über ein solches Schwitzbad.“

Wie wir hier sehen, kannten auch die Griechen Schwitzbäder (Dampfbäder), in denen heiße Steine mit Wasser übergossen wurden. Jedoch waren die der Skythen, laut Herodot, wohl noch um einiges brachialer. Es gab außerdem bei den Griechen auch noch trockene Heißluftbäder. Das waren kleine Räume, in denen ein Becken mit Holzkohle für Hitze sorgte.

Demnächst erzähle ich euch mehr über Bade und Schwitz Rituale auf dieser schönen Welt.
Auf das wir gemeinsam in Frieden schwitzen, beten, singen und heilen – egal in welche Kultur und  egal auf welche Weise!

Herzgruß,
Eure Sabrina

 

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